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Natur-Reporting bei der Rhätischen Bahn

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Natur-Reporting bei der Rhätischen Bahn

Viele sehen Naturverlust als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen. Zunehmend wird es jedoch zu einem finanziellen Risiko. Wenn Wälder verschwinden oder Flüsse verschmutzt werden, kostet das viel Geld. Besonders betroffen sind Sektoren wie Landwirtschaft, Energie, Transport, Bau und Tourismus. In diesen Bereichen ist klar: Ohne gesunde Natur ist wirtschaftlicher Erfolg in Gefahr. Hier hilft die Taskforce on Naturerelated Financial Disclosures (TNFD). Sie schafft ein Rahmenwerk, um naturbezogene Risiken und Chancen zu bewerten und offenzulegen.

Von Simeon Eichelmann

Die Rhätische Bahn ist durch die Bahnstrecken in den Bergen zahlreichen Naturrisiken ausgesetzt. Daher haben wir uns mit dem Natur-Reporting nach TNFD beschäftigt.

1. Steigende Relevanz und regulatorische Einbindung

Neben dem Klima wird Biodiversität für Unternehmen wichtiger. Das zeigen die steigenden Informationsansprüche von Regulatoren und Investoren.
Hier einige Beispiele:

  • Das Global Biodiversity Framework von Kunming-Montreal fordert von Unternehmen ein Natur-Reporting (Ziel 15).

  • Der Global Risks Report 2025 des Weltwirtschaftsforums (WEF) zeigt: Nach Extremwetter wird Naturverlust als zweitgrösstes langfristiges Risiko eingestuft.

  • Die EFRAG hat eng mit TNFD zusammengearbeitet. In den europäischen Standards (ESRS) wird auf die LEAP-Methode von TNFD verwiesen. LEAP bedeutet «Locate, Evaluate, Assess, Prepare» und ist eine Methodik, um naturbezogene Risiken und Chancen zu bewerten.

  • Die TNFD ist für die IFRS-Nachhaltigkeitsstandards relevant.

  • Der Bundesrat finanzierte die TNFD, um die Schweiz als nachhaltigen Finanzplatz zu stärken.

  • Die TNFD hilft, die Berichtspflichten zu Umweltbelangen gemäss OR 964b zu erfüllen.

2. Unser Vorgehen bei der Rhätischen Bahn

Als erstes Schweizer öV-Unternehmen hat sich die Rhätische Bahn 2024 mit TNFD auseinandergesetzt. Unser Ziel war ein einfacher Einstieg ins Natur- Reporting, abgestimmt mit unserem GRI- und TCFD-Reporting. Dabei waren zwei Aspekte wichtig:

  1. Fokus auf das Wesentliche: Wir haben mit der LEAP-Methodik geprüft, welche Naturthemen für uns wichtig sind. Wichtig sind Ökosystemleistungen wie Erosions-, Sturm- und Hochwasserschutz beim Toprisiko Naturgefahren. Die Naturschönheit ist wichtig für unsere touristische Attraktivität. Dadurch wird deutlich, wo unsere Risiken liegen.

  2. Integration ins bestehende Reporting: Statt ein neues Reporting zu schaffen, haben wir bestehende Datenquellen (z. B. Umweltkennzahlen) analysiert, gemappt und nach den TNFD-Anforderungen erweitert. Mapping-Dokumente helfen dabei, die Standards zu verbinden.

Auf diese Weise konnten wir TNFD-Inhalte sinnvoll einbinden und das Natur-Reporting bei der Rhätischen Bahn etablieren.

3. Nützliche Tipps für Reporting-Verantwortliche

  1. Einfach starten. Erste Schritte wie eine LEAP-Analyse bringen bereits viel. Das Natur-Reporting kann schrittweise ausgebaut werden.

  2. Tools nutzen. Es gibt hilfreiche Tools, um Naturrisiken zu bewerten. Auch in der Lieferkette.

  3. Lokal denken, global handeln. Während CO2 ein globales Phänomen ist, sind Biodiversitätsrisiken lokal. Risiken, Abhängigkeiten und Wirkungen variieren je nach Standort.

  4. Finanzielle Bedeutung mitdenken. Der Schritt zu finanziellen Kennzahlen für Naturrisiken ist herausfordernd. Auch ohne Zahlen im ersten Bericht lohnt sich frühes Nachdenken. Erste Ansätze bestehen über Schadenskosten bei Naturgefahren oder über Versicherungen.

4. Fazit und Ausblick

Die TNFD schafft einen Rahmen, um die Natur in Unternehmensführung und Reporting sichtbar zu machen. Unsere TNFD-Anwendung hat gezeigt: Selbst mit begrenzten Ressourcen ist ein Einstieg möglich. Und bietet Vorteile: Natur-Reporting fördert das interne Bewusstsein zu naturbezogenen Risiken und zeigt extern, dass Naturthemen ernst genommen werden.

Kontaktmöglichkeit: Bei Interesse an einem TNFD Good Practice Handbuch oder einem Austausch zu Natur-Reporting freue ich mich über eine Kontaktaufnahme via LinkedIn.

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Nützliche Tools für den Einstieg ins Natur-Reporting

Encore: Einflüsse und Abhängigkeiten von der Natur (LEAP: Phase L1–L2)

WWF Risk Filter Suite: Standortgenaue Risikobewertung (LEAP: Phase A2–A3; L4)

Global Forest Watch: Sensitive Standorte ermitteln und Risiken bewerten (LEAP: Phase L4, A2)

UN Biodiversity Lab: Sensitive Standorte ermitteln und Risiken bewerten (LEAP: Phase L4, A2)


 

Simeon Eichelmann

Als Spezialist Nachhaltigkeit arbeitet Simeon Eichelmann dafür, dass die Rhätische Bahn nachhaltig bleibt. Eine seiner Aufgaben ist der Nachhaltigkeitsbericht – mit einem Fokus auf das Natur-Reporting.