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Good Corporate Governance: mit Substanz zur Relevanz

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Good Corporate Governance: mit Substanz zur Relevanz

Geschäftsrelevanz ungeachtet der konjunkturellen und politischen Grosswetterlage aufrechterhalten zu können, ist kein Zufall. Diese Fähigkeit ist vielmehr Ergebnis und Ausdruck einer fest verankerten Wertekultur, des Vermittelns des unternehmerischen Selbstverständnisses jenseits des Profits und einer guten Corporate Governance.

Von Antoinette Hunziker-Ebneter

Der «Wetterbericht» zur Welt- und Wirtschaftslage verheisst düstere Aussichten. Dunkle Wolken am Horizont sind Vorboten stürmischer Zeiten. Unternehmen gehen unterschiedlich mit den sich ändernden Rahmenbedingungen um. Die einen halten unbeirrt Kurs. Sturmfronten scheinen ihnen nichts anhaben zu können. Sie überstehen sie ohne nennenswerte Schäden. Mit anderen Unternehmen wiederum scheint der Sturm ein leichtes Spiel zu haben. Er reisst sie mit sich, bringt sie arg ins Schlingern, einige von ihnen werden sogar zu einem Havariefall. Dieses Phänomen liess sich während früherer Turbulenzen in der Wirtschaftswelt beobachten, und es wiederholt sich gerade wieder. Das Sprichwort, wonach sich in Stürmen die wahre Stärke zeige, kommt nicht von ungefähr – ob es sich um Menschen, Schiffe oder Unternehmen handelt. Doch was macht diese Stärke bei Unternehmen aus?

Relevanz ist das Ergebnis einer Haltung, kein Programm

Geschäftsrelevanz lässt sich durch den Begriff der Nachhaltigkeit ersetzen. Als Unternehmen auf lange Sicht verantwortungsbewusst zu agieren, ist eine tief verankerte Haltung und kein Programm, das sich verordnen lässt. Denn was nicht verankert ist, hält Stürmen nicht stand und ist den Elementen gnadenlos ausgesetzt. Mit der Geschäftsrelevanz ist das nicht anders.

Relevanz beweisen Unternehmen, die ein Selbstverständnis jenseits des Profits haben und vermitteln. Sie handeln aus der tiefen Überzeugung, dass Erfolg kein Selbstzweck ist, sondern das Resultat ihres Selbstverständnisses. Das trifft auf Unternehmen zu, die eine klare Wertebasis haben und ihre Wertekultur konsequent leben. Diese behält auch dann ihre Gültigkeit, wenn die See rauer ist. Einer unbekannten Quelle wird das folgende Zitat zugeschrieben: «Richten Sie Ihren Kurs nach den Sternen und nicht nach den Lichtern jedes vorbeifahrenden Schiffes». Aus heutiger Sicht könnte man ergänzen: «Auch wenn der Kreuzer ’USS Donald Trump’ heisst.». Untrennbar mit einer fest verankerten Wertekultur verbunden ist die Wertschätzung gegenüber dem Umfeld, und zwar gleichermassen gegenüber Umwelt und Gemeinschaft. Dies im Verständnis darüber, dass es nur im Dreiklang von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft gelingt, die Lebensqualität für kommende Generationen zu wahren. Den Menschen muss sich die Sinnhaftigkeit des Tuns eines Unternehmens erschliessen, ob sie nun deren Produkte oder Dienstleistungen kaufen, dort als Mitarbeitende eintreten oder in dessen Aktien investieren wollen. Bei all diesen Entscheidungen stellen sie zunehmend das unternehmerische Selbstverständnis vor den Profit.

Relevanz erfordert Ausdauer und Konstanz

Das unternehmerische Selbstverständnis und damit Geschäftsrelevanz geht mit einer guten Corporate Governance einher, die auf lange Sicht das Vertrauen der Anspruchsgruppen festigt. Klare Grundsätze und Regeln zur Führung, Verwaltung und Kontrolle eines Unternehmens fördern die Transparenz und demonstrieren eine Kultur des Verantwortungsbewusstseins sowie der Integrität, unabhängig von der jeweiligen Grosswetterlage.

Anspruchsgruppen wollen nachvollziehen können, wofür das Unternehmen steht, was seine Kernkompetenzen sind, wie die Erfolgsbilanz aussieht und welche Weiterentwicklungen angestrebt werden. Dazu gehört ebenso, dass Unternehmen ihre finanziellen und operationellen Risiken sowie ihre Reputationsrisiken verlässlich und transparent identifizieren, einschätzen und managen. Das erfordert Entscheidungsstärke und eine ganzheitliche Allokation der Ressourcen. Dieser Aufwand lohnt sich, ist das Resultat doch eine kontinuierliche Verbesserung der Leistung.

Gewappnet für stürmische Zeiten

Stehen die Zeichen auf Sturm, kann gute Corporate Governance ihre Stärken voll entfalten und dafür sorgen, dass sich Geschäftsrelevanz zukunftsorientiert aufrechterhalten lässt. Auf diesem Weg sind die folgenden Aspekte von entscheidender Bedeutung:

Auf Finanzstärke bauen: Eine solide Finanzstärke, die sich Unternehmen Schritt für Schritt aufbauen, bewährt sich insbesondere auch in Krisenzeiten. Die langfristigen Ziele lassen sich unverändert weiterverfolgen – auch wenn aufgrund negativer Einflüsse von aussen kurzfristige Kursanpassungen notwendig sein sollten. Selbst vorübergehende Rücksetzer lassen sich so verkraften.

Wertekultur als Kompass: In Krisensituationen zeigt sich, wie wichtig eine fest verankerte Wertekultur ist – sie sorgt in Form von Identifikation, Solidarität und Zusammenhalt für Orientierung, Stabilität und Widerstandsfähigkeit. Fehlt die Wertebasis, können sich Unsicherheit, Angst und Widerstand ungehindert breitmachen. Die Perspektivenlosigkeit schwächt die Basis und hat in letzter Konsequenz das Potenzial, den Betrieb zu lähmen und zum Erliegen zu bringen.

“Geschäftsrelevanz heisst, ein unternehmerisches Selbstverständnis jenseits des Profits zu haben und zu vermitteln.”

Kurs halten: Unternehmen, die ihre Kernkompetenzen klar identifiziert haben und konsequent weiterentwickeln, nehmen Strömungswechsel bewusst wahr, folgen ihrem Kurs ungeachtet der Rahmenbedingungen und stärken so ihre Relevanz. Fehlt Unternehmen dieser Fokus, tendieren sie zu hektischen, unbedachten Kurswechseln, die unabsehbare Folgen haben können.

Umsetzungsstärke beweisen: In einem anspruchsvollen Umfeld zu navigieren, erfordert eine laufende Neubeurteilung der Umstände sowie Entscheidungs- und Umsetzungsstärke. Dabei ist der Weitblick nicht nur auf das Vermeiden einer Havarie gerichtet, sondern ebenso auf das Erkennen und Nutzen möglicher Chancen. Unternehmen, die sich in unsicheren Gewässern übermässig von äusseren Einflüssen beeinflussen lassen, schieben wichtige Entscheide vor sich hin und laufen so Gefahr, abzutreiben und an Relevanz zu verlieren.

Krisenresistente Führung: Bei Turbulenzen gilt: «All hands on deck.» Das gilt insbesondere auch für die Kapitäninnen und Kapitäne. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sind gefordert, durch transparente und empathische Kommunikation Klarheit und Orientierung zu schaffen – nach innen wie nach aussen. Stellen sie sich der Herausforderung und übernehmen sie Verantwortung, so werden sie ihrer Vorbildfunktion gerecht. Können sie dies auf Basis guter Corporate Governance tun, die für klare Strukturen, Rollen und Zuständigkeiten sorgt, fördert dies die Stabilität und stärkt die Zuversicht bei allen Anspruchsgruppen.

Nachhaltiger Erfolg und konstant hohe Geschäftsrelevanz sind ungeachtet der Wetterlage das Resultat einer guten Corporate Governance, eines unternehmerischen Selbstverständnisses, das über das blosse Profitstreben hinausgeht, und einer fest verankerten Wertekultur. Wissen, wohin man will, und das Vertrauen, das Ziel mit den einem zur Verfügung stehenden Mitteln zu erreichen, sind die besten Voraussetzungen für ein guten Gelingen, auch unter widrigen Umständen. Dabei könnte man sich gerade in unseren Zeiten an den deutschen Schriftsteller Hermann Lahm halten, der sich einst wie folgt geäussert hat: «Gegen den Wind zu kreuzen, bringt einen manchmal schneller zum Ziel als mit dem Wind zu segeln.».

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Antoinette Hunziker-Ebneter

ist Verwaltungsratspräsidentin der Berner Kantonalbank AG sowie Gründungspartnerin und Vizepräsidentin des Verwaltungsrats der Forma Futura Invest AG.