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Die Kunst des Überzeugens – Rhetorik ist Führung
In einer Welt, die sich im lautstarken Dauerwandel befindet, steigt die Zahl der Worte – und sinkt zugleich deren Wirkung. Das hat einen Grund: Menschen hören nicht mehr wirklich zu. Aufmerksamkeit ist ein seltenes Gut geworden. Sie zu erlangen, bedingt präzise Kommunikation. Wer sie weckt, erzielt Wirkung. Wer sie hält, gestaltet. Wer sie bekommt, führt. Wer sie verspielt, verschwindet im Grundrauschen. Voraussetzung dafür ist, Sprache als Führungsinstrument zu verstehen und wenige, aber hilfreiche Methoden zu verinnerlichen.
Von Viktor Baumgartner
Zu viele Führungskräfte formulieren vage, defensiv oder verlieren sich in Worthülsen. Gerade in heiklen Momenten – bei Restrukturierungen, strategischen Entscheiden oder Präsentationen vor dem Verwaltungsrat – zeigt sich, ob jemand den Mut hat, klar zu sagen, was er oder sie will. Richtig verstanden: Will.
Denn «wollen» ist mehr als «können» oder «sollen» – es zeigt Haltung, Absicht und Richtung. Sprache wird hier zur inneren Entscheidung, mehr als bloss zum äusseren Ausdruck.
Glaubwürdigkeit entsteht durch konsistentes Handeln
Dazu gehört ein neues Verständnis von Corporate Identity, das auf Dialog und Teilhabe setzt. Das Buch zeigt: Glaubwürdigkeit entsteht eben nicht durch schöne Worte, sondern durch nachvollziehbares, konsistentes Handeln – und, das ist der entscheidende Punkt, durch Produkte und Dienstleistungen, die Sinn und Nutzen stiften und auf die Bedürfnisse und Werte der Stakeholder:innen eingehen, um so gemeinsame realistische und lebbare Werte zu schaffen.
So entsteht Reputation nicht durch Imagepflege, sondern ist die natürliche Folge gelebter und pragmatischer Haltung. Deshalb müssen Unternehmen lernen, ihren Stakeholder:innen auf neue Weise zuzuhören – um gemeinsame Werte mit ihren eigenen Stärken und ihrer Innovationsfähigkeit zu verbinden.
Das bedeutet aber auch: Wer sich im Wandel glaubhaft positionieren will, muss die Kommunikation als strategisches Element begreifen: nicht länger als blosses Sprachrohr, sondern als empathische, responsive und authentische Vermittlerin dessen, was ein Unternehmen im Kern antreibt, und vermitteln, wie Veränderung mit den ureigenen Werten von Unternehmen in Einklang gebracht werden.
“Wer eine Position bezieht, macht sich sichtbar.”
Sagen Sie, was Sie (von anderen) wollen – und Sie beginnen zu führen.
Statt Absicherungsrhetorik braucht es ein klares Anliegen. Wer eine Position bezieht, macht sich sichtbar. Führung entsteht, wenn jemand Verantwortung konkret benennt – statt sie in vagen Aussagen zu verstecken.
Gute Kommunikation beginnt nicht mit der Frage: «Wie sage ich es möglichst korrekt?» – sondern: «Was soll beim Gegenüber passieren?» Wer überzeugen will, braucht Wirkung. Und Wirkung entsteht durch eindringliche Botschaften.
Sag, was Du willst – und sage es sofort.
In einer überkommunizierten Welt zählt nicht die Menge, sondern der Moment. Und dieser gehört denen, die Klartext sprechen – ohne Umschweife. In digitalen Meetings, bei Pitch-Situationen oder Investorengesprächen: Aufmerksamkeit ist immer da; wenn auch nur für wenige Sekunden. Der Anfang ist kein Vorgeplänkel. Es geht vielmehr darum, das Thema sofort zu benennen, statt es in vagen Aussagen zu verstecken. Der Anfang ist die einzige Chance, die Aufmerksamkeit zu gewinnen, der vielzitierte Punkt, auf den man unmittelbar kommen muss.
“Aufmerksamkeit ist ein seltenes Gut geworden.”
Die gefährliche Bequemlichkeit des «Wir»
Unbedingt zu vermeiden ist: «Wir»! «Wir müssen», «wir sollten», «gemeinsam wollen wir». Wir – das sind immer die anderen. «Wir» verwischt Verantwortlichkeiten und dämpft die Wirkung. Deshalb gilt: Ich fordere Euch auf, anstelle von Gemeinsam packen wir es an.
“Wer führen will, muss Klartext sprechen.”
Fazit
Führung beginnt mit Sprache. Wer führen will, muss Klartext sprechen. Unmittelbar und sein Publikum adressierend. Ist es einfach? Nein. – Bedingt es, die eigene Komfortzone zu verlassen? Ja. – Lohnt es sich? Unbedingt!
5 Key Takeaways
Führung beginnt beim «Ich». Wer nur «wir» sagt, bleibt blass.
Wirkung entsteht in den ersten 15 Sekunden – nutzen Sie sie.
Klarheit schlägt Harmonie – insbesondere in schwierigen Situationen.
Sagen Sie unmissverständlich, was Sie (von anderen) erwarten.
Überzeugungskraft kann man trainieren – man muss nur wollen.
Die Kunst des Überzeugens (Goldegg Verlag, Wien)
Das Buch von Viktor Baumgartner und Co-Autor Alexander Peer, zeigt, wie moderne Rhetorik wirkt: direkt, persönlich und frei von leeren Phrasen. Es ist ein praktisches Trainingsbuch – kein Theoriewerk – für alle, die in Meetings, Präsentationen oder anspruchsvollen Gesprächssituationen Menschen gewinnen müssen. Für Führungskräfte, die nicht bloss informieren, sondern überzeugen wollen.
Viktor Baumgartner
studierte Geschichte und Kommunikation an der Universität Zürich und war Journalist und Moderator bei Radio und Fernsehen. Seit 2001 ist er als Kommunikationstrainer international tätig mit Fokus auf Auftritts-, Verhandlungs- und Medienkompetenz (www.kernkomm.ch).