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CSRD: Umbruch in der Nachhaltigkeitskommunikation und die Rolle der Aufsichtsräte

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CSRD: Umbruch in der Nachhaltigkeitskommunikation und die Rolle der Aufsichtsräte

Die zunehmende Komplexität und Formalisierung des ESG-Reporting erschwert die Vermittelbarkeit der eigentlichen Kernbotschaften. Dabei ist die CSRD kein Reporting, sondern in erster Linie ein Change-Projekt, das kommunikativ gut begleitet werden muss – und – Chefsache ist! Die Regulierung fordert von Aufsichtsräten aus gutem Grund verstärkt auch ESG-Kompetenz sowie ihre Offenlegung. Noch gehen Unternehmen dieser Forderung nicht im gebotenen Masse nach.

Von Monika Kovarova-Simecek


CSRD als neue Determinante der Nachhaltigkeitskommunikation

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) führt durch die höhere Standardisierung zu einer besseren Vergleichbarkeit der Berichte, geht aber auch mit einer höheren Formalisierung und einem wachsenden Umfang der ESG-Berichte einher. Bei Early Adopters liegt dieser im Schnitt bei 88 Seiten – Tendenz steigend. Die Struktur der Berichte richtet sich an den ESRS aus, ESG-Kennzahlen gewinnen an Bedeutung und verdrängen narrative Elemente. Texte, Tabellen und Listen prägen die neuen Berichte, während Grafiken und Bilder deutlich weniger zu sehen sind.

Lost in Translation – Bericht ist noch keine Kommunikation

Der Verzicht auf Visual Storytelling ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass auch Abbildungen Gegenstand der vorgesehenen Prüfung werden können – für Unternehmen ein leicht eliminierbares Risiko. Aus der Kommunikationsperspektive ist dieser Zugang jedoch suboptimal. Gerade bei komplexen Themen wie der grünen Transformation können Visuals hilfreich sein. Wie solides ESG-Reporting und gutes Visual Storytelling Hand in Hand gehen können, zeigen z. B. die Berichte von Norsk Hydro oder Ørsted.

Unternehmen werden, um ihre ESG-Konzepte für Stakeholder greifbar zu machen, diese Übersetzungsleistung bringen und auch andere Formate als die vom Gesetzgeber geforderten bedienen müssen wie z. B. Blogs, Videos, Podcasts. Aber auch Gamification-Ansätze eignen sich hier besonders gut. Dabei kann der ESG-Bericht als Content-Provider für gute Nachhaltigkeitskommunikation verstanden werden. Jedenfalls sollte die Veröffentlichung eines ESG-Berichts alleine nicht schon als gute Kommunikation abgehakt werden.

It’s about change

Im Kern ist die CSRD ein Transformationsthema, das kommunikativ begleitet und in der Verantwortung der Steuerungsboards liegen muss. Durch die CSRD werden auch die Anforderungen an Aufsichtsräte im Zusammenhang mit der ESG-Berichterstattung deutlich erweitert. So soll das Aufsichtsgremium in Zukunft bspw. die ESG-Massnahmen des Vorstandes überwachen, ESG-bezogene Vergütungssysteme beschliessen oder das Ergebnis der Prüfung in der Hauptversammlung präsentieren.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben brauchen Aufsichtsräte ESG-Kompetenzen, die offenzulegen sind. Vor allem Investoren wollen wissen, ob ihre Vertreter den neuen Herausforderungen gewachsen sind. Eine Studie von der FH St. Pölten und Embera Partners beleuchtet, inwieweit DAX-, ATX – und SMI-Unternehmen (N = 80) die ESG-Kompetenzen ihrer Aufsichtsräte auf Corporate Websites und LinkedIn darstellen und ob sie damit den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden. Von den 1064 Aufsichtsräten tragen 622 (58%) ESG-Verantwortung (sind z. B. Mitglieder in ESG-Ausschüssen). In 544 Fällen (89%) könnte ihre ESG-Kompetenz anhand von publizierten Lebensläufen nachvollzogen werden, allerdings sind die Angaben grösstenteils nur vage und unspezifisch. Damit spiegeln die offengelegten ESG-Kompetenzen der Aufsichtsratsmitglieder weder die rechtlichen Anforderungen wider, noch wirken sie gegenüber Stakeholdern vertrauenswürdig.

Was braucht also gute ESG-Kommunikation?

  1. Zielgruppenorientierte Aufbereitung – «Übersetzung» – der CSRD/ESRS-basierten Berichtsinhalte in taugliche Kommunikationsformate.

  2. Aufbau einer organisatorischen und technologischen Kommunikationsinfrastruktur, die eine effiziente Umsetzung der ersten Forderung ermöglicht wie Newsrooms oder Aufbau von Knowhow und datensicherer Umgebung, um generative KI nutzen zu können.

  3. Proaktive Offenlegung und überzeugende Darstellung der ESG-Kompetenz von Executive und Supervisory Boards sowie ihre Einbindung in die ESG-Kommunikation.


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Weiterführende Informationen


Monika Kovarova Simecek

ist stellvertretende Leiterin des Kollegiums der FH St. Pölten und leitet ebendort die Masterstudiengänge Digital Business Communications und Digital Management & Sustainability. Ihre Lehr – und Forschungsschwerpunkte sind u. a. digitale Finanzkommunikation und Corporate Reporting.