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Grün und glaubwürdig: Stolperfalle Greenwashing im Transformationsprozess

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Grün und glaubwürdig: Stolperfalle Greenwashing im Transformationsprozess

Nachhaltigkeit ist im Kerngeschäft von Unternehmen angekommen. Die Herausforderung besteht darin, den rege verwendeten Begriff mit Taten zu belegen. Unternehmen sind gefordert, die Schaffung von ökologischem und sozialem Mehrwert konsequent in die eigene Value Proposition zu integrieren. Echte Produktinnovation, Transformationsbereitschaft und eine gelungene Kommunikation sind die Essentials für ein glaubwürdiges (Nachhaltigkeits-)Image. Die AMAG Gruppe entwickelt nachhaltige Mobilitätslösungen. Eine herausfordernde Aufgabe auch für die Nachhaltigkeitskommunikation.

Von Ina Walthert

Mobilität hat einen erheblichen Einfluss auf das Klima. Gleichzeitig ist Mobilität von zentraler Bedeutung für jeden Einzelnen und für die Gesellschaft. Neue, nachhaltige Mobilitätsformen sind gefragt. Das Kerngeschäft der AMAG Gruppe ist die individuelle Mobilität. Heute treibt sie den Wandel konsequent über die Entwicklung und Erweiterung ihres Geschäftsmodells. Die starke Vision, «sich zur führenden Anbieterin von individueller, nachhaltiger Mobilität zu entwickeln», ist Antrieb für die Entstehung von zukunftsorientierten Mobilitätslösungen. Nachhaltigkeit muss dafür in die Produkte und Dienstleistungen und in die betrieblichen Prozesse integriert werden. Die Basis dafür bildet das Nachhaltigkeitsverständnis der AMAG, das die Übernahme von ökologischer, sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung konkretisiert, mit Zielen hinterlegt und in der Gesamtstrategie verankert. Elektromobilität und der Ausbau von erneuerbarer Energie sind wichtige Voraussetzung bei der Schaffung von neuen Dienstleistungsangeboten – im Wissen, dass die Mobilität nur im Zusammenspiel klimafreundlicher wird. Gleichzeitig werden betriebliche Prozesse mit Blick auf die Einsparung von Abfall, Wasser, Energie und Emissionen optimiert. Das erfordert, Kompetenzen aufzubauen und vorhandenes Knowhow zu integrieren. Kurzum, der Transformationsprozess erfordert die Mitnahme und das Sensibilisieren der Mitarbeitenden, gleichzeitig die Anpassung von Fähigkeiten und Fertigkeiten im Zuge der neuen Anforderungen.

Eine besondere Aufgabe kommt dabei der Kommunikation zu, die den Wandel begleiten muss. Für interne und externe Stakeholder kann die Beurteilung des Fortschritts oft nur über die Kommunikation erfolgen. Die Kunst dabei ist, ehrlich, spannend und transparent über das eigene Tun zu sprechen und die Kommunikationsformate auf die Bedürfnisse der Zielgruppen abzustimmen. Im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit ist der Begriff «Greenwashing» bereits in den 1970er-Jahren entstanden. Die heutige Aktualität der Diskussion liegt einerseits an der grösseren Informationsdichte rund um Nachhaltigkeit und andererseits am gestiegenen Bewusstsein der Konsumenten. Der Vorwurf des Greenwashings wird meistens dann laut, wenn Kommunikation und Marketing mehr versprechen, als an nachhaltiger Substanz vorhanden ist. Diejenigen, die Unternehmen Greenwashing vorwerfen, bemängeln die fehlende Konsequenz und Transparenz des Handelns. An dieser Stelle ist allerdings die Frage zu stellen, wie nachhaltiges Handeln denn genau zu definieren und zu bewerten ist. Hier lässt sich auf bekannte Konzepte und Theorien verweisen, die dies genau tun: angefangen bei der oft zitierten Brundtland-Definition für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals, dem Konzept der planetaren Grenzen oder dem 1,5-Grad-Ziel. Mit Standards wie GRI, CDP, IIRC oder SBTi – und je nach Branche und Stakeholdergruppe noch weiteren – haben Unternehmen eine grosse Auswahl bei der Konkretisierung von Zielen und der entsprechenden Berichterstattung. Auch die AMAG berichtet nach GRI und hat ein SBTi Commitment eingereicht. Die Anwendung dieser Standards fördert Transparenz und Vergleichbarkeit und ist Kernbestandteil von regulatorischen Rechenschaftspflichten. So gibt beispielsweise die GRI in ihren Standards klare Qualitätsprinzipien vor. Die sogenannten Principles of Content und Principles of Quality wären – sauber umgesetzt – eine Verbesserung vieler Berichte. Zur Fortschrittsmessung und Qualitätsbewertung sind sie für ausgewählte Stakeholder geeignet, nicht aber, um das Attribut «spannend» in der Kommunikation einer nachhaltigen Unternehmenstransformation abzudecken. Hierzu muss die Kommunikation mit verschiedenen Formaten spielen dürfen, um Inhalte verständlich zu präsentieren. Diese Übersetzungsaufgabe ist schwierig, aber wichtig, zum Beispiel für das Verständnis von «Netto-Null». Eine Referenz auf den Klimabericht des IPPC wäre hier wenig hilfreich.

Wie schwierig diese Aufgabe ist, lässt sich an der aktuellen Debatte um Begrifflichkeiten wie klimaneutral und CO2-Kompensation illustrieren, die neu auch reguliert werden soll. Bei der Ausarbeitung einer Klimastrategie orientieren sich Unternehmen wenn möglich am Stand der wissenschaftlichen Debatte und verlassen sich auf deren Übersetzung in die skizzierten Standards, orientieren sich an Best Practices und ziehen Experten zurate. Macht die Debatte einen Sprung oder kommt man intern zu neuen Ergebnissen, muss auch das Unternehmen reagieren (inhaltlich und kommunikativ). Anpassung zu kommunizieren, erfordert Mut, der aber gerade für eine glaubwürdige Kommunikation so wichtig wäre (an dieser Stelle sei auch auf das Prinzip der Balance nach GRI verwiesen). Mit Blick auf die Debatte um «klimaneutral» hat die AMAG diesen Sprung gewagt und ihre Klimastrategie auf Kurs gebracht. In der Folge müssen Dokumente, Trainings und Webseiten angepasst und die Kursänderung erklärt werden.

Um Greenwashing zu vermeiden, müssen Unternehmen sich aufs Handeln konzentrieren. Dadurch wird die notwendige Substanz geschaffen, auf die gute Kommunikation aufbauen kann. Dieses Handeln umfasst nicht die blosse Existenz eines Nachhaltigkeitsberichts, sondern muss die Integration von Nachhaltigkeitsüberlegungen in die DNA des Unternehmens belegen. Das umfasst die SMARTE Zielsetzung in Bezug auf materielle Themen mit Einbezug der genannten Standards, aber vor allem echte Produktinnovation. Diese fängt dann an, wenn statt Produktlabels Produkte aus neuen Materialien entwickelt werden oder durch flexiblere Serviceangebote die effiziente Nutzung von Ressourcen gesteigert wird. Damit Innovation gelingen kann, müssen Silos überwunden werden. Nachhaltigkeit wurde bei der AMAG vor zwei Jahren bereits integriert implementiert. Das Team Sustainability arbeitet eng mit Ansprechpartnern in den einzelnen Units zusammen und baut Kompetenzen zusammen mit HR und Kommunikation auf. Eine wichtige Rolle kommt dabei auch unserer Transformationsmanagerin zu, die dafür sorgt, dass der Wandel in der Kultur verankert wird.

Transparent zu berichten, ist immer noch der beste Weg, sich gegen Greenwashing zu schützen. Für Unternehmen heisst das, die Bereitschaft an den Tag zu legen, ehrlich, auch über Herausforderungen und Rückschläge, zu informieren. Das schafft Platz für mehr Tiefe und erhöht zwangsläufig die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens.

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Dr. Ina Maria Walthert

beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Nachhaltigkeit in verschiedenen Kontexten und Branchen. Nach Stationen in der Wissenschaft und in der Beratung ist sie seit 2021 Head Sustainability der Schweizer Mobilitätsanbieterin AMAG.