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CFO-Interview mit «CFO of the Year» Rudolf Sigg, Zürcher Kantonalbank

CFO-Interview mit «CFO of the Year»
Rudolf Sigg, Zürcher Kantonalbank


«Bei mir kommen die Menschen vor den Zahlen.»

 

Am SWISS CFO Day 2022 wurden bereits zum 13. Mal die besten Finanzchefs der Schweiz in den drei Kategorien «SMI Expanded», «SPI ohne SMI Expanded» und «CFOs» geehrt. Die CFOs of the Year müssen die Jury nicht nur mit fachlichen Kompetenzen, sondern auch mit strategischem Denken und Handeln, ihrer Persönlichkeit, besonderen Leistungen als CFO sowie Reputation und Kontinuität von sich überzeugen.

Gewinner in der Kategorie «CFOs» 2022 ist Rudolf Sigg, CFO der Zürcher Kantonalbank. Die Auszeichnung in der Kategorie «SMI Expanded» ging an François-Xavier Roger, CFO Nestlé, und Ronald Trächsel, CFO BKW, hat die Jury in der Kategorie «SPI ohne SMI Expanded» überzeugt. Das CCR gratuliert allen Gewinnern herzlich.

Im Gespräch mit «Reporting Insights» erzählt Rudolf Sigg, was ihn an der Tätigkeit als CFO fasziniert und was er von Pferden für den Berufsalltag gelernt hat.

 

Herr Sigg, herzliche Gratulation zur Auszeichnung «CFO of the Year» in der Kategorie «CFO Forum Schweiz – CFOs». Wie war Ihre erste Reaktion, als Sie von der Auszeichnung erfuhren?

Ich habe mich sehr gefreut. Es ist eine grosse Ehre. Als CFO steht jedoch nicht die Einzelleistung im Vordergrund, sondern die Teamleistung. Daher gebührt diese Auszeichnung genauso meinem Team und allen Mitarbeitenden der Zürcher Kantonalbank.

Sie haben Ihr ganzes Berufsleben in verschiedenen Funktionen bei der ZKB verbracht, seit 2008 als CFO. Was macht den Zauber der grössten Schweizer Kantonalbank aus?

Die Bank ist stabil und entwickelt sich stetig weiter. Sie ist im Kanton Zürich breit verankert. Dank dem Kanton als Eigentümer ist die Bank strategisch langfristig ausgerichtet. Letztlich aber lebt ein Unternehmen von den Mitarbeitenden, die motiviert für das Unternehmen einstehen. Für mich machen sie die grösste Stärke der Bank aus.


Wenn Sie auf Ihre Laufbahn zurückblicken, worauf sind Sie besonders stolz?

Besonders stolz bin ich darauf, dass, seit ich 1977 als Lehrling bei der Zürcher Kantonalbank angefangen habe, der Gewinn der Bank von 40 Mio. Fr. auf 940 Mio. Fr. gewachsen ist und sich die Bilanzsumme von 15 Mrd. Fr. auf 192 Mrd. Fr. erhöht hat. Im Laufe der Zeit und mit den Funktionen, die ich übernehmen durfte, konnte ich hierfür meinen Beitrag leisten.

“Ein Unternehmen lebt von Mitarbeitenden, die für die Firma einstehen.”

Verantwortungsvoll, impulsgebend und leidenschaftlich – so lauten die Werte der ZKB. Wie vermitteln Sie diese Werte Ihren Mitarbeitenden?

Ich bin tief überzeugt, dass man Werte als Vorbild vorleben muss, um sie vermitteln zu können. Drum gilt auch für mich als CFO: Bei mir kommen die Menschen vor den Zahlen.

Sie sagen von sich, nicht besonders modellgläubig zu sein. Was ist darunter zu verstehen?

Modelle sind für die Messung der Risiken einer Bank wichtig. Sie sind aber kompliziert und nicht für alle verständlich. Deshalb werden sie manchmal zu wenig in Frage gestellt. Ich bin aber überzeugt, dass man sie kritisch hinterfragen und in einen grösseren Kontext stellen muss. Hier kann ich mich auf meine inzwischen umfassende Erfahrung und die meines Teams verlassen.

 

Was waren Ihre bisher grössten Herausforderungen als CFO?

Sicherlich die Akquisition und Integration der Swisscanto Gruppe in die Zürcher Kantonalbank ab dem Jahr 2014. Vorher hatte die Bank in ihrer Diversifikationsstrategie allein auf organisches Wachstum gesetzt, dann haben wir uns aber für die Übernahme entschieden. Wir liessen Swisscanto nicht einfach als Tochterfirma stehen, sondern haben sie voll integriert. Das war herausfordernd, weil wir bis dahin über wenig Integrationserfahrung verfügten. Das Resultat zeigt aber, dass wir den richtigen Weg gewählt haben.

 

In fast genau einem Jahr, Ende Oktober 2023, werden Sie von Ihrer Funktion als CFO der ZKB zurücktreten und die Bank verlassen. Haben Sie schon Pläne, die Sie uns verraten wollen?  

Mit der Vorankündigung des Rücktritts habe ich begonnen, mir Gedanken über meine Zukunft zu machen. Noch ist aber nichts spruchreif. Ich werde meine Aufgabe bis zum letzten Tag mit Freude erfüllen und meine Nachfolgerin oder meinen Nachfolger gut einarbeiten.

 

Die Aufgaben des CFO wandeln sich gerade dramatisch vom Chief Financial Officer zum Chief Value Officer. Wie erleben Sie persönlich diese Entwicklung?

Ich bin tief überzeugt, dass trotz des schnellen Wandels auch künftig noch das Gleiche zählen wird wie in der Vergangenheit – nämlich solides Handwerk. Damit erbringt ein CFO die beste Dienstleistung für sein Unternehmen.

“Bei mir kommen die Menschen vor den Zahlen.” 

Wenn Sie das Aufgabenprofil Ihres Nachfolgers/Ihrer Nachfolgerin schreiben müssten, welche fachlichen und menschlichen Merkmale stehen ganz oben auf der Liste?

Diese Liste erstellt unser Bankrat. Wichtig erscheint mir jedoch, dass sich die Person mit den Werten und der Kultur unserer Bank identifizieren kann und ihr Handwerk versteht.

 

Was würden Sie Berufseinsteigern raten, die sich für die Aufgabe als CFO interessieren?

Ein Weg wie bei mir vom Lehrling bis zum CFO braucht schon sehr viel Glück. Entscheidend ist es, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Heute ist sicherlich der Hochschulweg erfolgsversprechend. Aber es braucht aus meiner Sicht vor allem Freude an Zahlen und Menschen sowie Durchsetzungskraft.

 

Spätestens seit der Finanzkrise erleben insbesondere die Banken einen wahren Regulierungs-Tsunami.  Was würden Sie sich vom Regulator wünschen?

Weniger wäre manchmal mehr.

Wie kann man sich unter Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung als Kantonalbank resistent aufstellen? 

In dem wir die guten Jahre genutzt haben, um uns so aufzustellen, dass wir auch wirtschaftlich schwierige Zeiten durchstehen können. Hier wird uns unser gut diversifiziertes Geschäftsmodell und unsere starke Kapitalisierung helfen. Die Diversifikation macht unsere Bank sicherer.

“Unsere Diversifikation stärkt die Resilienz der ZKB.”

Was tut die Zürcher Kantonalbank konkret in Sachen Nachhaltigkeit und was halten Sie von «grünen» Anlageprodukten?

Die Zürcher Kantonalbank war in ihrer 152-jährigen Geschichte schon früh nachhaltig unterwegs. Der Gesetzgeber hat die Bank im Leistungsauftrag zur Nachhaltigkeit verpflichtet. Alles, was diese Bestrebungen fördert, ist eine gute und notwendige Sache.


Wie wichtig ist das Thema Digitalisierung bei der ZKB (Digitalisierung des Cores, der Finanz-Prozesse, etc.)

Die Digitalisierung der Bankensysteme gehört schon seit langem zu unserem Alltag. Wir treiben sie laufend voran – fokussiert auf die Bedürfnisse unsere Kundschaft.

 

Wie sehen Sie die Entwicklung der Kantonalbanken, welche Rolle spielen Staatsbanken in 10 bis 20 Jahren; auf welche Risiken müssen sie sich vorbereiten?

Staatsbanken wird es auch in Zukunft geben, weil sie in ihren Kantonen verankert sind und oft eine führende Stellung einnehmen. Nach vielen Jahren des Aufschwungs im Anschluss an die Finanzkrise, werden wir in den nächsten Jahren wieder schwierigere wirtschaftliche Rahmenbedingen erleben. Dies wird sich auf die Volkswirtschaft, die Immobilien- und Finanzmärkte auswirken. Davon werden auch Banken betroffen sein.

 

Ihre Freizeit verbringen Sie gerne beim Reiten. Was können wir Menschen vom Umgang mit Pferden in den Berufsalltag übernehmen?

Das Pferd ist ein sensibles Fluchttier. Es gibt rasches, ehrliches Feedback. Meine Stimmungen werden schnell übertragen. Deshalb musste ich lernen, diese beim Reiten unter Kontrolle zu haben. Diese Erfahrung hilft auch im Berufsalltag. Da Menschen von Natur aus mit ihrer Meinung oft zurückhaltend sind, schätze ich ehrliches Feedback umso mehr.


Rudolf Sigg arbeitet seit 1977 für die Zürcher Kantonalbank. Ab 2007 leitete er die Einheit Controlling & Accounting und wurde Ende 2008 zum Leiter der Geschäftseinheit Finanz und Mitglied der Generaldirektion ernannt. Zuvor verantwortete Rudolf Sigg während zwölf Jahren das Gesamtcontrolling, in das im Jahr 2000 das zentrale Risikocontrolling integriert worden war. Er ist Verwaltungsratsmitglied der Pfandbriefzentrale der Schweizerischen Kantonalbanken, Zürich, und seit Mitte Juni 2021 im Vorstand des Vereins «esisuisse» für die Einlagensicherung der Schweizer Banken und Effektenhändler.