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Fokus auf Impact: Klimaziele der AMAG nach SBTi

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Fokus auf Impact: Klimaziele der AMAG nach SBTi

Ein SBTi-Ziel gibt Entscheidungsträgern Sicherheit und klare Leitlinien für die Umsetzung eines wirkungsvollen Klimaschutzes. In der AMAG Gruppe unterstützt es die unternehmerische Transformation mit dem strategischen Ziel, dekarbonisierte Mobilitätslösungen zu entwickeln..

Von Ina Walthert und Stephan Lienin

Die Science Based Targets Initiative (SBTi) hat 2024 die Zahl von 10’000 Unternehmen überschritten, die sich zu wissenschaftsbasierten Klimazielen verpflichtet haben. Vor allem Druck von Investoren, Kunden und NGOs hat die Teilnahmezahlen steigen lassen, sodass SBTi von exponierten Unternehmen oft als quasiregulatorische Vorgabe wahrgenommen wird. Zu dieser Wahrnehmung trägt bei, dass SBTi ein komplexes Regelwerk entwickelt hat, wie wissenschaftsbasierte Ziele zu entwickeln und durch SBTi zu validieren sind. Im Kern ist der Ansatz einfach: Die Wissenschaft gibt ein globales Budget für Treibhausgasemissionen vor; SBTi übersetzt dies in mittel – und langfristige Emissionsreduktionen für Sektoren und Unternehmen.

«Die SBTi-Vorgaben zwingen ein Unternehmen, die wesentlichen Emissionsquellen in der Wertschöpfungskette anzugehen.»

Die Komplexität entsteht erst durch die zahlreichen Anwendungsregeln für Emissionen im eigenen Betrieb (Scope 1 und 2) sowie in der Wertschöpfungskette (Scope 3). Dabei muss das durchaus anforderungsreiche Greenhouse Gas (GHG) Protocol als buchhalterischer Standard umgesetzt werden. Wer sich aber wie AMAG der Herausforderung stellt, merkt: Das SBTi-Regelwerk zwingt ein Unternehmen dazu, die wirklich «heissen Eisen» bei den Emissionen anzupacken und Klimaziele mit Impact zu entwickeln.

Klimastrategie als Treiber neuer Geschäftsmodelle

Als inhabergeführtes Schweizer Unternehmen mit rund 7’500 Mitarbeitenden ist die AMAG Gruppe ein Unternehmen mit Tradition. 1945 gegründet, pflegt die AMAG als offizielle Importeurin der Volkswagen Marken eine enge Zusammenarbeit mit der Volkswagen AG und hat sich in jüngster Zeit als Anbieterin von individuellen und nachhaltigen Mobilitätslösungen positioniert. Dies unter anderem durch die Zusammenführung der Sektoren Energie und Mobilität und den damit verbundenen Zusammenschluss und die Weiterentwicklung zahlreicher Dienstleistungen in den Bereichen Solarenergie, Ladeinfrastruktur, Leasing, Sharing, Abo, Rent und Retail. Die Transformation des Geschäftsmodells ist eng mit den Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie verbunden. Der Entscheid der Geschäftsleitung zur Umsetzung einer ambitionierten Klimastrategie ist weniger regulatorisch als viel mehr unternehmerisch motiviert. Das strategische Ziel, dekarbonisierte Mobilitätslösungen zu entwickeln, steht im Mittelpunkt und dient der Sicherung der nachhaltigen Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Ein Bekenntnis zum Schweizer Netto-Null-Ziel im Jahr 2050 reicht dabei für eine glaubwürdige Führungsrolle nicht aus; ein ambitioniertes Klimaziel muss bereits mittelfristig und messbar signifikante Auswirkungen in der Wertschöpfungskette auslösen.

Ambitionierte Klimaziele nach SBTi

Das SBTi-Ziel der AMAG Gruppe wurde im Dezember 2024 erfolgreich validiert. Es ist ein «Near-Term-Target» mit dem Zieljahr 2030, das sich auf das Basisjahr 2019 bezieht und aus zwei Teilen besteht. In diesem Zeitraum muss die AMAG die absoluten Emissionen im eigenen Betrieb (Scope 1 und 2) um mindestens 50% reduzieren. Dazu sind umfassende Massnahmen zur Energieeffizienz und zum Einsatz erneuerbarer Energieträger notwendig. Die grössere Herausforderung liegt jedoch beim Ziel, die – notabene – absoluten Emissionen durch die Nutzung der verkauften Fahrzeuge (Scope 3, Kategorie 11) um mindestens 50% zu reduzieren. Die Steuerung der Reduktion in der Nutzungsphase ist nur durch den Ausbau der Elektromobilität möglich. Dies erfordert neben geeigneten Fahrzeugen auch die Förderung der Ladeinfrastruktur und die Bereitstellung von ausreichend erneuerbarem Strom. Genau hier setzt die AMAG an und will mit dem Ausbau der Ladepunkte in der Schweiz, der erleichterten Abrechnung über die Ladekarte ChargeON und dem Ausbau von Photovoltaik über Helion einen Beitrag zur Emissionsreduktion der Lieferkette der Mobilität in der Schweiz leisten.

Übersetzungsarbeit für Umsetzung entscheidend

Für die erfolgreiche Umsetzung muss Übersetzungsarbeit innerhalb der Organisation und nach aussen in den Markt geleistet werden. Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Geschäftsleitung hinter den Zielen steht und die Strategie aktiv trägt und kommuniziert.

Die Herausforderung innerhalb der Organisation besteht darin, dass die Währung «CO2» im Unternehmensalltag wenig vertraut ist. Mit dem «Ja» zu SBTi hat sich das Management der AMAG verpflichtet, erstens neues Fachwissen im Unternehmen aufzubauen. Dieses Spezialwissen ist zunächst auf wenige Personen verteilt. Damit die Umsetzung gelingt, muss zweitens Übersetzungsarbeit in die Breite und abteilungsübergreifend geleistet werden. Dabei hilft, dass die CO2-Daten bei der AMAG im Bereich Finanzen angesiedelt sind. Ziel ist es, CO2 als zweite Währung aufzubauen und die Daten mit dem gleichen Qualitätsanspruch zu pflegen wie die Finanzdaten. Schliesslich müssen CO2-Daten verständlich gemacht und Abhängigkeiten zwischen CO2 und alltäglichen Geschäftsprozessen wie Einkauf, Business Development oder Investitionen aufgezeigt werden.

Klimaziele nach SBTi sind zwar im Prozess aufwändig und erfordern ein methodisches Verständnis der Anforderungen sowie den Aufbau von Know-how auf mehreren Ebenen. Doch der Mehrwert überwiegt: SBTi schützt vor Beliebigkeit und stellt die Wirkung der Ziele in den Vordergrund. Das sichert die Glaubwürdigkeit und schafft Klarheit bei der Umsetzung von Massnahmenpaketen.

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Dr. Stephan Lienin

ist promovierter Naturwissenschaftler und seit 2001 Managing Partner von Sustainserv. Er berät mit seinem Team zahlreiche Unternehmen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und SBTi-Zielen.


 

Dr. Ina Walthert

beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Nachhaltigkeit in verschiedenen Kontexten und Branchen. Nach Stationen in der Wissenschaft und in der Beratung ist sie seit 2021 Head Sustainability der Schweizer Mobilitätsanbieterin AMAG.