Das Vertrauen in die Nachhaltigkeit und langfristige Perspektive des Unternehmens zu stärken, war in der Berichtssaison 2020 das drittwichtigste Ziel der Emittenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Doch findet sich Nachhaltigkeit auch in den Equity Storys börsennotierter Unternehmen wieder? Eine Analyse der DAX- und MDAX-Gesellschaften zeigt: eher selten und wenig fundiert. Dennoch, im Bewusstsein der Verantwortlichen ist die Botschaft angekommen, wie Stichproben des Center for Corporate Reporting (CCR) bei ausgewählten Schweizer Emittenten ergaben. Wenngleich für die Umsetzung insbesondere im Reporting noch Spielraum besteht.
von Christian Pieter Hoffmann
Nachhaltigkeit ist ein zentrales Element der Berichterstattung – mit steigender Bedeutung. Der Corporate Reporting Monitor 2020 zeigt: Wichtiger als die Vermittlung der Nachhaltigkeit waren den Emittenten im DACH-Raum nur die Erfüllung der Publikationspflichten und die Erklärung des Geschäftsmodells. Die Studie zeigt auch, dass zwar etwa drei Viertel der Unternehmen ihre materiellen ESG-Themen definiert haben, aber nur die Hälfte langfristige ESG-Ziele oder Progress Reports veröffentlichen - ein Hinweis auf eine mangelnde Verankerung in der strategischen Steuerung.
Eine Befragung der Universität Leipzig unter den Mitgliedern des Deutschen Investor Relations Verbandes ergab tatsächlich jüngst, dass nur etwa die Hälfte der untersuchten Unternehmen Nachhaltigkeit in ihrer Geschäftsstrategie verankert haben. Ein Drittel gab an, dass Nachhaltigkeit Bestandteil der Equity Story sei.
Die Equity Story, auch Kapitalmarktstory genannt, ist das Argumentationskonzept des Unternehmens gegenüber seinen (potenziellen) Investoren. Basierend auf wenigen, essenziellen finanziellen und nichtfinanziellen Informationen beschreibt sie Geschäftsmodell, Strategie und Zukunftsaussichten des Unternehmens. Ist Nachhaltigkeit nicht Bestandteil der Equity Story, ist sie nicht von zentraler strategischer Bedeutung. Eine aktuelle Analyse untersuchte vor diesem Hintergrund ob und inwiefern die im DAX und MDAX notierten Unternehmen ihre Equity Story auf ihrer IR-Website präsentieren, und welche Rolle dabei die Nachhaltigkeit spielt.
Die Studie zeigt: Nur 39 Prozent der betrachteten Unternehmen präsentieren explizit ihre Equity Story auf ihrer IR-Website (35 von 90 Unternehmen). Etwa die Hälfte davon, 19 Unternehmen, sprechen Nachhaltigkeit in ihrer Equity Story an (21 Prozent). Neben einem erstaunlichen Mangel an „Equity Storytelling“ auf der Website spricht das für eine begrenzte strategische Bedeutung der Nachhaltigkeit unter den großen deutschen Aktiengesellschaften.
Bei knapp 60 Prozent der Equity Storys mit Nachhaltigkeitsbezug macht das Thema bis zu 10 Prozent der Ausführungen aus, bei wenigen Unternehmen allerdings ein Viertel bis ein Drittel (siehe Abbildung 1). Untersucht wurde auch der eingesetzte „Kommunikationsmodus“, der überwiegend als „beschreibend“ kategorisiert wurde. Demnach werden Nachhaltigkeitsaspekte möglichst verständlich und faktenorientiert dargestellt, auf eine wertende oder werbende Sprache wird weitgehend verzichtet.
Abbildung 1: Umfang der ESG-Informationen in der Equity Story
Etwa ein Viertel der Equity Storys adressieren Nachhaltigkeit nur generisch, drei Viertel adressieren dagegen spezifische ESG-Aspekte. Im Mittelpunkt steht dabei das „E“ und das „S“: Etwa ein Drittel der Equity Storys mit Nachhaltigkeitsbezug sprechen Umweltbelange an, ebenso viele soziale Aspekte, nur 21 Prozent auch Governance.
Insgesamt nur vier Unternehmen nennen in der Equity Story explizite ESG-Ziele, immerhin die Hälfte der Equity Storys mit Nachhaltigkeitsbezug argumentieren mittels spezifischer KPIs. Wie Abbildung 2 zeigt, stehen dabei Umweltauswirkungen des Produktportfolios sowie der Klimaschutz im Mittelpunkt.
Abbildung 2: Auswahl und Häufigkeit der kommunizierten ESG-KPIs in der Equity Story
Zusammenfassend zeigt die Analyse, dass erstaunliche wenige Unternehmen ihre Equity Story explizit auf ihrer Website vermitteln, etwa die Hälfte davon adressieren auch Nachhaltigkeit, jedoch häufig nur generisch. Die Nennung spezifischer KPIs sowie expliziter Ziele könnte helfen, die strategische Bedeutung von Nachhaltigkeit glaubwürdiger zu vermitteln.
Prof. Dr. Christian Pieter Hoffmann
ist Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig und Direktor des Center for Research in Financial Communication.