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Künstliche Intelligenz im Reporting – Chancen und Herausforderungen

Künstliche Intelligenz umgibt jeden von uns bereits tagtäglich. Vielen ist schlichtweg nicht bewusst, dass KI uns in unserem Tun und Handeln unterstützt. Wie leistungsfähig ist künstliche Intelligenz schon jetzt, welche Stolpersteine warten bei der Umsetzung und was hat eigentlich die Cloud damit zu tun?

von Stefan Ebener

Künstliche Intelligenz (KI) ist bereits heute in vielen Anwendungen um uns herum zu finden: KI organisiert das Gmail-Postfach, sortiert 99,9 Prozent aller Spam-E-Mails zuverlässig aus und hilft mit passenden vorformulierten Antwortvorschlägen aus. Die Intelligenz kommt hierbei vom maschinellen Lernen (ML): dem Lernprozess hinter KI, mit dem sich ein System anhand von Daten selbst ein bestimmtes Verhalten aneignet. Diese «enge KI» kann bereits viele Aufgaben wie die Datenverarbeitung und -analyse besser, aber vor allem schneller als der Mensch erledigen. Sie bleibt aber auf eng abgesteckte Arbeitsbereiche begrenzt.

ML und KI sind dabei jedoch weniger ein technologischer Ansatz, sondern vielmehr ein zentraler Baustein der digitalen Transformation, bei der Unternehmen alles, was sie tun, überdenken. KI und ML müssen deshalb letztlich auch eine Frage des Mindsets sein.

Die Möglichkeiten für den Einsatz intelligenter Systeme in Unternehmen sind vielfältig. Maschinelles Lernen lässt sich bereits in den verschiedensten Bereichen einsetzen, solange ausreichend Daten vorhanden sind. Der Bereich Business Intelligence (BI) und das Reporting leben vom Zusammentragen und Auswerten von Daten: Ein optimaler Anwendungsfall für KI-Systeme?

Zunächst müssen die Rahmenbedingungen für den Einsatz rechenintensiver ML-Modelle gegeben sein. Eine der grössten Schwierigkeiten ist die fehlende Expertise. Data Scientists werden überall händeringend gesucht. Auch aus diesem Grund können bislang vor allem Konzerne KI-Systeme aufbauen und einsetzen. Hier kann Google Cloud mit einer Vielzahl Cloud-basierter Anwendungen dem Reporting entgegenkommen und gleichzeitig Kosten für Rechenkapazität niedrig halten.

Anwendungen wie BigQuery ML sorgen für eine Demokratisierung der künstlichen Intelligenz – sie senken also die Einstiegshürden. So ist es für Datenanalysten nicht notwendig, eine ML-Lösung mit Python oder Java zu programmieren. Modelle werden in BigQuery mit SQL trainiert und abgerufen. Mit einem hybriden ML-Ansatz wird das System in der Cloud mit maximaler Performance trainiert und anschliessend mit optimierten Kleinstcomputern lokal verwirklicht. Das Ganze kann dann mit äusserst geringer Latenz eingesetzt werden, damit es auch bei hochfrequenter Datenlage einsetzbar ist.

KI-gestützte Reporting-Systeme bergen aber auch Herausforderungen und erfordern ein ausgeprägtes Verständnis der Datenlage und der Umsetzung. Dabei gibt es einige Fallstricke, die es zu kennen und vermeiden gilt.

Neuronale Netzwerke werden häufig als allmächtige Lösung proklamiert. Verständlich, denn sie haben den Ruf, quasi jede Problemstellung lösen zu können. Häufig wird hier aber vernachlässigt, dass Problemstellungen zunächst mit einfachen, nachvollziehbaren Modellen angegangen werden müssen. Diese legen die Basis für ausgeklügelte neuronale Netze.

Auch müssen Qualität und Frequenz der Daten dazupassen: KI-Modelle brauchen häufig «high frequency data». Andernfalls besteht die Gefahr, dass neuronale Netze die Daten auswendig lernen, anstatt eine Beziehung zwischen den Daten herzustellen.

Letztlich gilt es zu beachten: Technologie allein reicht nicht, Hintergrundwissen bleibt unabdingbar. Es gibt viele Reporting-Modelle und Anbieter, die einfache Lösungen mithilfe von KI versprechen. Manche können dazu neigen, nicht existente Zusammenhänge herzustellen oder Korrelationen überzubewerten. Ohne entsprechendes Hintergrundwissen kann ein solches Modell gefährlich werden.

In den richtigen Händen können KI-Anwendungen im Reporting aber sehr mächtige Werkzeuge bei der Auswertung und Visualisierung von Daten sein und wichtige Kausalitäten aufzeigen. Wichtig bleibt aber, dass die Problematik hier ganz anders gelagert ist als beispielsweise bei der Bildanalyse. Katzenbilder zeigen Katzen, was ein KI-System am Ende mit einer 99-prozentigen Wahrscheinlichkeit erkennt. Financial Forecasts erreichen allerdings nur ein Maximum von 56 Prozent Genauigkeit.

Die tägliche Praxis zeigt, dass Unternehmen zwar seit Jahren grosse Mengen an Daten, wie aus der Produktion, von ihren Kunden oder über ihren Webauftritt speichern. Leider nutzen sie diesen wertvollen Schatz nur selten. Stattdessen fokussieren sie sich auf die Infrastruktur und einfaches Reporting und Analysen. Sich ein Verständnis für die Daten und die daraus zu gewinnenden Erkenntnisse anzueignen, könnte einen massiven Mehrwert für ihr Unternehmen bedeuten. Genau hier liegt das grosse Potenzial von ML: nichttriviale Zusammenhänge aus den unterschiedlichsten Datentöpfen extrahieren. So lassen sich etwa individuelle Kundenprofile für Vorhersagen von Kaufverhalten erstellen, Lagerbestände optimieren oder ausführliche Qualitätskontrollen statt nur Stichproben bei Maschinen durchführen.

Aber wie bereits eingangs beschrieben, muss KI im Rahmen einer ganzheitlichen digitalen Transformationsstrategie verstanden werden. Wie bei so vielen technologische Entwicklungen in den vergangenen 75 Jahren – dem Fernseher, dem Internet, dem Smartphone – ist der Wille zur Offenheit gegenüber neuen Technologien der Schlüssel zur Zukunft. Erst wenn alle Mitarbeiter mindestens ein grundlegendes Verständnis von der Technologie haben, kann KI mit Erfolg im Unternehmen eingesetzt werden.

Dr. Stefan Ebener

Dr. Stefan Ebener

Dr. Stefan Ebener leitet als Manager Customer Engineering für Google Cloud ein internationales Machine Learning- und KI-Expertenteam. Seine Leidenschaft gilt den datengetriebenen Zukunftstechnologien und der Weiterentwicklung von Technologiekompetenzen in Unternehmen und Gesellschaft zu dem er regelmässig als Keynote-Speaker auftritt.

Als ausgebildeter Data Scientist verfügt er über praktische Erfahrungen im Aufbau von Data Pipelines sowie der Modellentwicklung. Ebener engagiert sich darüber hinaus im Forschungsbereich «Business Analytics» im IFID, dem Institut für IT-Management & Digitalisierung an der Hochschule für Oekonomie & Management